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Prof. Damian Gerbaulet

Professor Damian Gerbaulet, Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik

Frage: Was hat Sie dazu inspiriert, eine Karriere in der Lehre einzuschlagen?
Damian Gerbaulet: Schon früh wusste ich, dass ich mein Wissen und meine Erfahrungen weitergeben möchte. Als ich neben meinem Designbüro eine Dozentenstelle an einer Berliner Hochschule annahm, erkannte ich schnell, wie erfüllend es ist, junge Talente auf ihrem Weg zu begleiten. Die Möglichkeit, die nächste Generation nicht nur fachlich zu prägen, sondern ihnen auch wichtige Werte zu vermitteln, begeistert mich. Im Designbereich zählen praktische Erfolge wie Veröffentlichungen und Designpreise. Diese wertvollen Erfahrungen möchte ich an meine Studierenden weitergeben, weil ich fest davon überzeugt bin, dass das wahre Rüstzeug für den Beruf vor allem durch Praxis entsteht.

 

Frage: Welche Aspekte an Ihrem Job als Professor schätzen Sie am meisten?
Damian Gerbaulet: Am meisten schätze ich die kreative Freiheit, die ich bei der Gestaltung von Projekten und Lehrinhalten habe. Der Austausch mit den Studierenden ist für mich unglaublich bereichernd und gibt mir eine Menge Energie. Es ist großartig, gemeinsam zu lernen, zu forschen und sich immer wieder neuen Themen zu widmen. Besonders spannend finde ich es, ständig neue Perspektiven zu entdecken und das Gefühl zu haben, dass der Lernprozess nie abgeschlossen ist. In unserem Bereich, den Digitalen Medien und Design, gibt es ständig neue Technologien wie KI und VR zu erforschen – das ist unglaublich aufregend. Aber auch die menschlichen Beziehungen und Netzwerke, die man knüpft, machen diesen Job für mich so besonders und erfüllend.

 

Frage: Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit?
Damian Gerbaulet: Eine der größten Herausforderungen als Professor ist es, mit den schnellen technologischen Entwicklungen Schritt zu halten – nicht aus Zwang, sondern aus Neugier. Es ist mir wichtig, offen zu bleiben und nicht in Routine zu verfallen, denn ich habe während meines Studiums erlebt, wie inspirierend wirklich neugierige Professorinnen und Professoren sein können. Mein Ziel ist es, in kreativen Projekten stets eine Prise Verrücktheit beizubehalten und gleichzeitig neue Technologien kritisch zu hinterfragen. Die Balance zwischen Lehre, Forschung und den zunehmenden administrativen Aufgaben zu finden, ist ebenfalls eine konstante Herausforderung. Dieser Spagat erfordert viel Disziplin und Organisation, aber er motiviert mich auch, mich ständig weiterzuentwickeln.

 

Frage: Was macht aus Ihrer Sicht den Studiengang „Digital Media“ so einzigartig an unserer Hochschule?
Damian Gerbaulet: Ein entscheidender Aspekt ist die individuelle Betreuung und Förderung unserer Studierenden. In unserem designorientierten Studiengang legen wir großen Wert auf intensiven Austausch und einen seminaristischen Ansatz, der viele Projekt- und Teamarbeiten beinhaltet. Dies ist eine zeitgemäße Art des Lehrens und Lernens – weg vom Auswendiglernen und Monologvorlesungen, hin zu kritischem Denken und offenen Fragestellungen. Besonders wichtig ist uns die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis durch praxisnahe Projekte, oft in Zusammenarbeit mit der Industrie oder der Stadt Ulm. Außerdem bieten unsere modernen Labore im neuen Gebäude eine erstklassige Forschungs- und Lernumgebung, die den Studierenden optimale Bedingungen bietet, um sich kreativ und technisch weiterzuentwickeln.

 

Frage: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben die Studierenden – persönlich als auch fachlich?
Damian Gerbaulet: In unserem Studiengang liegt der Fokus zu etwa 70 % auf Design und zu 30 % auf Technik. Die Studierenden erwerben Kompetenzen in Bereichen wie User Experience-Design, Interface- und Interaction-Design, Kommunikationsdesign, Bild- und Filmgestaltung, dreidimensionales Gestalten sowie Animation. Hinzu kommen technische Fähigkeiten wie Programmierung und digitale Medienproduktion. Neben diesen fachlichen Kompetenzen legen wir großen Wert auf Soft Skills wie Projektmanagement, Teamarbeit und Kommunikationsfähigkeiten. Besonders wichtig ist mir die Fähigkeit, kritisch zu denken und immer wieder neue Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Unser Studiengang ist vielseitig und spannend, mit einem starken Fokus auf Mediendesign. Um erfolgreich zu sein, brauchen die Studierenden eine solide Grundlage in Gestaltung, Programmierung und Psychologie, um sich empathisch in verschiedene Menschen und Gruppen hineinzuversetzen und wirkungsvolle Lösungen zu entwickeln.

 

Frage: Sie haben u.a. das 0t1-Projekt ins Leben gerufen, bei dem es um das Thema Aufmerksamkeitsökonomie geht. Woher kam Ihr Interesse für das Thema und worum geht es konkret im 0t1-Projekt?
Damian Gerbaulet: Mein Interesse an der Aufmerksamkeitsökonomie begann während meines berufsbegleitenden Masters in Sankt Gallen und an der UdK Berlin, wo ich in meiner Masterarbeit die Auswirkungen von Ablenkung und Unterbrechung im Kontext von Wissensarbeit untersuchte. Ich analysierte, wie ständige Erreichbarkeit unsere Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Dieses Thema hat mich seitdem nicht losgelassen, besonders da sich die gesellschaftliche Situation weiter verschärft hat. Für mich ist es entscheidend, unsere begrenzte Lebenszeit wertzuschätzen und bewusster mit digitaler Technologie umzugehen.
Im 0t1-Projekt beschäftigen wir uns damit, wie Aufmerksamkeitsökonomie genutzt werden kann, um bessere Produkte zu entwickeln, die uns helfen, unsere Zeit sinnvoller zu nutzen oder effizienter zu lernen. Ein Beispiel ist die Lern-App Duolingo, die psychologische Prinzipien des User Experience Designs anwendet, um das Sprachenlernen attraktiver zu gestalten. Letztlich geht es darum, sich bewusst zu machen, wie wir unsere Zeit verbringen – denn das definiert, wer wir sind.

 

Frage: Sie haben mit dem Inklubator-Projekt beim Ideenwettbewerb für Inklusion den zweiten Platz belegt. Welche Kriterien waren für die Ideenentwicklung besonders relevant?
Damian Gerbaulet: Unsere Idee war es, ein Geruchserkennungsgerät für Menschen mit eingeschränktem Geruchssinn zu entwickeln, um ihnen mehr Selbstständigkeit im Alltag zu ermöglichen. Viele Betroffene berichten von einem erheblichen Verlust an Lebensqualität und Unsicherheiten, da nicht jeder Lebensmittel- oder Körpergeruch sofortige Warnsignale bietet. Wir haben das Projekt als nutzerzentriertes Designvorhaben angegangen und durch eine technologische Analyse die notwendigen Technologien sowie die Bedürfnisse der Zielgruppe ermittelt. Die wichtigsten Kriterien für unsere Ideenentwicklung waren Barrierefreiheit und Nutzerfreundlichkeit. Unser Ziel war es, das Thema kreativ und innovativ zu behandeln und in Zusammenarbeit mit Betroffenen eine nachhaltige, gesellschaftlich relevante Lösung zu entwickeln. Da es sich um eine Projektidee handelt, die noch nicht als fertiges Produkt umgesetzt wurde, bleibt offen, inwiefern das Konzept weiter verfolgt wird. Dennoch hoffen wir, dass es Impulse für zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich geben kann.

 

Frage: Welche Momente in Ihrer Karriere als Professor waren für Sie besonders bedeutsam?
Damian Gerbaulet: Ein herausragender Moment war unsere Ausstellung an der Wilhelmsburg im Rahmen des Kulturfestivals »Stürmt die Burg«. Dort präsentierten wir interaktive Exponate, bei denen die Besucher*innen mit digitalen Installationen experimentieren konnten. Dieses Projekt war sehr energie- und zeitaufwendig, aber auch belohnend. Besonders stolz war ich auf die Studierenden, die über sich hinauswuchsen und ihre Arbeit mit großem Stolz präsentierten. Eine Absolventin erzählte mir später, wie sehr sie durch diese medienwirksame Ausstellung persönlich gereift ist. Ein weiterer bedeutsamer Moment war der Gewinn des Hochschullehrpreises – eine besondere Anerkennung, die auf Initiative der Studierenden erfolgte. Diese Wertschätzung war für mich eine seltene und umso wertvollere Rückmeldung, die im hektischen Alltag oft zu kurz kommt. Es zeigte mir, dass unsere Projekte nicht nur abstrakte Credit Points sind, sondern tatsächlich zur persönlichen Entwicklung der Studierenden beitragen und sie dazu bringen, ihre Komfortzone zu verlassen. Auch die Gründung des Portals »0t1«, benannt nach dem Ulmer Designer Otl Aicher, war ein bedeutender Schritt für mich. Es dient als Experimentierfeld für Projekte, Blogartikel und Buchbesprechungen und bietet den Studierenden wertvolle Erfahrungen im Publikationsprozess. Zu sehen, wie sich dieses Projekt entwickelt, ist eine weitere Quelle der Erfüllung in meiner Arbeit als Professor.

 

Frage: Sie haben den Hochschullehrpreis 2022 der THU gewonnen. Gibt es eine bestimmte Lehrphilosophie, mit der Sie Ihre Lehre gestalten?
Damian Gerbaulet: Für mich ist erfolgreiche Lehre ein dialogorientierter Prozess, der Diskurs fördert statt bloß Monolog zu sein. Es ist mir wichtig, den Studierenden Raum zu geben, sie zur Verantwortungsübernahme zu ermutigen und ihre kritischen Denkfähigkeiten zu stärken. Ich lege großen Wert auf Offenheit für neue Entwicklungen und die Bedeutung lebenslangen Lernens. Meine Leidenschaft für relevante Themen bringe ich aktiv in die Lehre ein, was ich als essenziell erachte, um die Studierenden zu motivieren und zu inspirieren. Die individuelle Förderung jedes Einzelnen, der Austausch in kleinen Projektteams und die Vernetzung mit der Industrie sowie anderen Bildungs- und Forschungseinrichtungen sind zentrale Säulen meiner Lehrphilosophie. Diese Ansätze haben es mir ermöglicht, eine Lernumgebung zu schaffen, in der Studierende nicht nur Wissen erwerben, sondern auch wertvolle Lebens- und Berufskompetenzen entwickeln.

 

Frage: Welchen Rat würden Sie angehenden Professor*innen geben, die ebenfalls diesen Weg einschlagen wollen?
Damian Gerbaulet: Angehenden Professor*innen rate ich, Offenheit, Neugierde und Engagement zu zeigen – diese Eigenschaften sind grundlegend für eine erfolgreiche akademische Laufbahn. Es ist essenziell, auf die Bedürfnisse und Unterschiede der Individuen eingehen zu können und einen starken Bezug zur praktischen Anwendung des gelernten Wissens herzustellen. Darüber hinaus ist es wichtig, kontinuierlich Kontakte zu Partnern in der Industrie und anderen Bildungseinrichtungen zu knüpfen und zu pflegen.
Lebenslanges Lernen und die Bereitschaft, sich immer wieder neu zu erfinden und das eigene Fachgebiet anzupassen, sind besonders in Zeiten rasanter technologischer und sektoraler Veränderungen unverzichtbar. Stellen Sie sicher, dass Sie sich regelmäßig mit den neuesten Entwicklungen in Ihrem Fachbereich auseinandersetzen und diese in Ihre Lehre integrieren. Diese Haltung wird nicht nur Ihre eigene Karriere bereichern, sondern auch Ihren Studierenden helfen, relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Frage: Welches ist Ihr Lieblingsort in der Region Ulm?
Damian Gerbaulet: Zu meinen Lieblingsorten in Ulm zählt die Buchhandlung Aegis mit dem angrenzenden Aegis Café. Dieser Ort ist ein lebendiges Kulturzentrum, das regelmäßig Veranstaltungen wie Jazz-Konzerte und Lesungen bietet. Er ist ein wunderbares Beispiel für die vielfältige und lebendige Kulturlandschaft Ulms. Ein weiterer besonderer Ort für mich ist das Kiesental, eine kleine grüne Oase am Stadtrand. Es ist der perfekte Ort zum Entspannen und Abschalten vom hektischen Alltag.

 

 

Zur Person

Prof. Damian Gerbaulet ist ein anerkannter Design-Experte und seit 2015 Professor an der Technischen Hochschule Ulm, wo er im Bereich Interaction Design / Digital Design lehrt und forscht. Sein Engagement in der Lehre wurde 2022 mit dem Hochschullehrpreis gewürdigt, unter anderem für die Digitale Lernplattform »0t1« und die Ausstellung »InterAbstraktion«. Gerbaulet, der nach seinem Designstudium und seiner Tätigkeit als Art und Creative Director in den Bereichen Strategie, Design und Innovation tätig war, bringt seine umfassende Praxiserfahrung und Leidenschaft für das Fachgebiet in seine Lehrtätigkeit ein.


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