Mit Satellitendaten aus dem Weltall Prognosen für die Solarenergie auf der Erde erstellen: Damit befasst sich das Projekt EO4ER ("Earth Observation for Energy Risks"). Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hat es als Teil der Destination Earth (DestinE) Initiative ausgewählt. Die Technische Hochschule Ulm (THU) arbeitet in dem Projekt gemeinsam mit europäischen Partnerunternehmen an Anwendungen für einen digitalen Zwilling der Erde für den Energiesektor. Partner der Smart Grids Forschungsgruppe der THU sind die IT- und Softwareexperten von OHB Digital Services aus Bremen und die Solarprognose-Spezialisten von Reuniwatt, Frankreich. Von den Ergebnissen sollen private und professionelle Solaranlagenbesitzer und Betreiber von Stromnetzen profitieren.
Solarenergie ist eine der wichtigsten erneuerbaren Energiequellen. Die Sonnenstrahlung, die in einer Stunde auf die Erde trifft, entspricht dem jährlichen weltweiten Energieverbrauch. Photovoltaik (PV)-Anlagen spielen daher eine zentrale Rolle in der Energiewende.
Allerdings beeinträchtigt der Klimawandel die Leistung von PV-Anlagen, unter anderem durch steigende Temperaturen, wodurch die Leistung der Solarmodule sinkt, und extreme Wetterereignisse, wie z. B. Stürme und Überschwemmungen. Um die Zukunft der Solarenergie besser planbar zu machen, nutzt das Projekt EO4ER die Daten der neuesten Satellitengeneration der European Space Agency (ESA) und langfristige Klimaprognosen, welche der digitale Zwilling der Erde des DestinE-Projekts in einer bisher nicht erreichten räumlichen und zeitlichen Auflösung bereitstellt.
Das Projekt konzentriert sich auf zwei Hauptanwendungsfälle:
Erster Anwendungsfall: Prognosen zur kurzfristigen Stromerzeugung durch PV-Anlagen, um Risiken im aktiven Betrieb hoch ausgelasteter Niederspannungsnetze abzusichern. Grundlage dafür sind aktuelle Daten der neuen Meteosat Third Generation (MTG) Satelliten, die seit dem 4. Dezember 2024 in Betrieb sind.
Zweiter Anwendungsfall: Lokale Anwendung von Klimaprojektionen zur Ermittlung von Risiken für große PV-Anlagen durch extreme Wetterlagen sowie Veränderungen des Solarenergiepotenzials.
Die Ergebnisse des Projekts richten sich an private Solaranlagenbesitzer, Betreiber von Stromnetzen und Versicherungen und Investoren von großen Solarkraftwerken. Ein Testgebiet mit über 80 PV-Anlagen in Deutschland dient zur praktischen Erprobung.
Prof. Gerd Heilscher, Leiter der Smart Grids Forschungsgruppe an der THU, betont: „Die Zusammenarbeit hilft, die Elektrifizierung mit erneuerbaren Energien voranzutreiben. Die MTG-Daten ermöglichen Netzbetreibern, ihre Netze sicherer zu betreiben. Gleichzeitig benötigen Investoren Werkzeuge, um Klimarisiken zu managen. EO4ER gibt uns die Chance, unsere Konzepte im Labor und in der Praxis zu testen.“
„Wir sind sehr stolz darauf, gemeinsam mit unseren wertvollen Partnern OHB DS und THU an diesem anerkannten Digital Twin Component-Projekt teilzunehmen. Wir wissen, dass die Solarenergie der Schlüssel zu einer sauberen Energiewende sein wird, und wir müssen sie so zuverlässig wie möglich machen. Dies wird dank effizienter Prognosen zur massiven und sicheren Einspeisung von PV in die Stromnetze in Europa und darüber hinaus möglich sein“, sagt Nicolas Schmutz, CEO von Reuniwatt.
Dr. Ingo Schoolmann, Projektleiter bei OHB DS, erklärt: „Dieses Projekt zeigt unseren Willen, unsere Fähigkeiten im Bereich der Cloud-basierten Software-Architektur zu nutzen, um die künftige Entwicklung der Nutzung von Earth Observation im Kontext der Digitalen Zwillinge in Europa zu gestalten.“
Das Team stellte Anfang Februar das Projekt EO4ER auf dem Open Science Meeting der ESA in Frascati, Italien vor.
Foto: v.l. Prof. Gerd Heilscher (THU), Marion Lafuma (Reuniwatt), Dr. Kaouther Belkilani (THU), Dr. Ingo Schoolmann (OHB Digital Services GmbH); Quelle: THU