Elektrische Bahnen zählen bereits seit ihrem ersten Aufkommen Ende des 19. Jahrhunderts zu den energieeffizientesten Verkehrsträgern – bezogen auf die Personenkilometer. In den letzten Jahrzehnten konnte die Effizienz sogar noch weiter gesteigert werden, indem die beim Bremsen entstehende Bewegungsenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. In Gleichstromnetzen, wie z. B. bei Straßenbahnen, ist die rückgewinnbare Bremsenergie jedoch in der Regel begrenzt: Erreicht die entstehende Energie eine bestimmte Spannungsgrenze, werden Anteile der Bremsenergie über Widerstände in Wärme umgewandelt. Im Betrieb des Ulmer Straßenbahnnetzes wurden in einer Vorstudie bereits erste Erkenntnisse dazu gewonnen.
Technische Lösungen zur Erhöhung der rückgewinnbaren Bremsenergie gibt es zwar bereits, zum Beispiel Rotationsspeicher oder Kondensatoren. Aus unterschiedlichen Gründen finden sie jedoch bislang keine größere Verbreitung. Ziel des Verbundprojekts der Technischen Hochschule Ulm, der SWU Verkehr GmbH und der SWU Energie GmbH zum Thema „Energiewirtschaftliche Lösungsansätze zur Erhöhung der Energieeffizienz elektrischer Bahnen durch Digitalisierung“ ist es daher, verschiedene neue Lösungen zur Erhöhung der rückgewinnbaren Bremsenergie im Straßenbahnbetrieb am Beispiel der Ulmer Straßenbahnen mit Hilfe neuer digitaler Möglichkeiten zu untersuchen. Neben Daten, die bereits von der SWU ausgelesen werden (z. B. Geschwindigkeit und Positionsdaten), werden durch das Einbauen einer Messbox im Rahmen eines Masterprojekts weitere Daten erfasst, z. B. aufgenommene und rückgespeiste Energie der Straßenbahn. Durch den Einbau werden diese digitalen Fahr- und Betriebsdaten hochaufgelöst erhoben, wodurch sich neue Erkenntnisse und Analysemöglichkeiten ergeben.
Konkret möchte die Projektgruppe das Straßenbahnnetz in einem energetischen Simulationsmodell abbilden. Daraus sollen netztechnische Veränderungen zur Erhöhung der Energieeffizienz abgeleitet werden. Im Idealfall lassen sich für die SWU aus den Untersuchungen aber auch Empfehlungen für eine energieoptimierte Fahrweise ableiten. Ob der Einsatz von lokalen Energiespeichern nach wie vor technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, kann in diesem Zusammenhang auch noch einmal verifiziert werden.
Diese Lösungsansätze werden vor technischem, wirtschaftlichem und regulatorischem Hintergrund mittels der erhobenen Daten analysiert und bewertet. Abschließend erfolgt auf dieser Grundlage die Entwicklung eines Umsetzungsvorschlags einer oder einer Kombination mehrerer Lösungsansätze für den Ulmer Straßenbahnbetrieb.
Das Projekt läuft bis Oktober 2023 und wird durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert.