Die Smart Grids Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Ulm, die Übertragungsnetzbetreiberin TransnetBW und die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze GmbH (Verteilnetzbetreiber) haben ihr gemeinsames Forschungsprojekt zum Einsatz von kleinen Photovoltaik-Anlagen zur Erbringung von Regelleistung erfolgreich beendet. Ziel des gemeinsamen, durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg geförderten Verbundprojekts war es, Lösungen zu entwickeln, die es speziell kleinen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ermöglicht, am Regelenergiemarkt teilzunehmen.
Mit dem zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien kann es zu höheren Schwankungen im Stromnetz kommen, denn die Vorhersage von Windgeschwindigkeit und Sonnenstrahlung ist in bestimmten Situationen schwierig. Die durch Prognosefehler entstehenden Leistungsschwankungen müssen durch den Einsatz von Regelreserve ausgeglichen werden, damit die Systemstabilität nicht gefährdet wird. Diese Regelreserve wird aktuell von fossilen Großkraftwerken erbracht. PV-Anlagen werden bisher nicht eingesetzt, da unter anderem kostengünstige technische Lösungen zur Steuerung der meist sehr kleinen Anlagen fehlten und regulatorische Hürden bestehen. Eine Teilnahme von PV-Anlagen am Regelreservemarkt ist jedoch wichtig, um das Stromnetz auch zukünftig stabil betreiben zu können.
Im Projekt unter Leitung von THU-Professor Dr. Dietmar Graeber konnte gezeigt werden, dass kleine PV-Anlagen ein sehr hohes Potenzial zur Bereitstellung negativer sowie in gewissem Umfang auch von positiver Regelreserve besitzen. PV-Anlagenbetreiber können durch Bereitstellung von Regelreserve zudem Zusatzerlöse generieren.
Als technische Lösung für eine kostengünstige Steuerung kleiner PV-Anlagen wurde im Projekt untersucht, wie Protokolle aus dem Bereich Internet of Things (IoT) über die Smart-Meter-Infrastruktur einsetzbar sind. Zusammen mit den Partnern Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze und TransnetBW konnte in Labor- und Feldtests nachgewiesen werden, dass damit die Smart-Meter-Infrastruktur hinsichtlich Latenz und Bandbreite für die Steuerung von PV-Anlagen zur Erbringung von Sekundärregelreserve geeignet ist.
Im Feldtest wurden dazu mehrere PV-Anlagen mit Leistungen zwischen 10 bis 55 kWp technisch unter anderem mit einem CLS-Gateway (Controllable Local System) und einem Smart-Meter-Gateway aufgerüstet. Durch Aggregation dieser Einzelanlagen wurde über einen simulierten Regelreservepool der Regelreserveabruf getestet und somit nachgewiesen, dass die Steuerung über die Smart-Meter-Infrastruktur und ein CLS-Gateway in der Praxis die Anforderungen zur Erbringung von Sekundärregelreserve erfüllt. Somit können durch die Smart-Meter-Infrastruktur kostengünstig und massentauglich PV-Anlagen für den Regelreservemarkt gesteuert werden.
In einem Folgenprojekt sollen mit einem erweiterten Projektkonsortium die letzten Hürden für eine Teilnahme von kleinen PV-Anlagen am Regelreservemarkt wie z.B. die bisher noch nicht definierte Nachweiserbringung für Regelreserveeinsätze beseitigt werden.
Bildquelle: THU/Manuela McCulloch