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Prof. Dr. Martin Heßling

Professor Dr. Martin Heßling, Fakultät Mechatronik und Medizintechnik der THU

Frage: Was ist für Sie das Schöne am Beruf des Professors? 
Martin Heßling: Ich finde das Schönste daran, dass man sein eigener Chef ist. Innerhalb vorgegebener Regeln mache ich das, was ich selbst für sinnvoll halte und dann, wann ich es für sinnvoll halte und wie ich es für sinnvoll halte. Das finde ich gegenüber der Industrie eine wesentliche Verbesserung. Ein weiterer Punkt ist, dass der Job viel Abwechslung bringt. Innerhalb der Rahmenbedingungen, die wir haben, sind wir sehr frei und können recht unterschiedliche Dinge verfolgen. Momentan beschäftigen wir uns mit Projekten in der Medizintechnik, Biotechnologie, Lebensmitteltechnologie und arbeiten an sehr vielen verschiedenen Themen – beispielsweise am Thema Trinkwasserdesinfektion. Manchmal muss man auch Sachen machen, die man so vielleicht selber nicht gelernt hat. Aber in vielerlei Hinsicht ist das auch ganz gut. Und das dritte, was ich noch ganz schön finde – das hätte ich als Schüler oder Student nicht gedacht – ist die Jobsicherheit. 

Frage: Was hat Sie denn schlussendlich dazu bewegt, den Weg als Professor einzuschlagen? 
Martin Heßling: Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr genau daran erinnern, wann ich entschieden habe, Professor zu werden. Ich weiß, dass ich schon nach der Schule mal gesagt habe, dass ich zumindest Doktor werden möchte, vielleicht auch Professor. Aber ich hatte das nicht als festes Ziel, es hat sich eher nach und nach entwickelt. Ich war lange im universitären Betrieb und habe dann irgendwann angefangen, in diese Richtung hinzuarbeiten. Während meiner Postdoc-Zeit habe ich noch verschiedene Fernstudien gemacht, unter anderem in Medizintechnik und Erwachsenenbildung – auch mit dem Gedanken, dass das vielleicht mal hilfreich sein könnte. Lehrerfahrung habe ich schon früh gesammelt, erst an der Uni und später an der Technikerakademie, parallel zu meinem Industriejob. Das war zwar ziemlich anstrengend, aber es hat mir gezeigt, dass mir das Lehren liegt. Am Ende hängt es natürlich immer davon ab, ob es die passende Stelle gibt. 
 

Frage: Können Sie uns mehr über Ihre Forschungsprojekte erzählen? 
Martin Heßling: Unsere Forschung ist angesiedelt in der Schnittstelle zwischen Optik, Biotechnologie und Medizintechnik. Ein großer Schwerpunkt liegt auf der Strahlungsdesinfektion, insbesondere mit Licht. Wir haben uns beispielsweise mit der Desinfektion von Trinkwasser und Lebensmitteln beschäftigt, aber auch mit Touchscreens in öffentlichen Bereichen, die oftmals stark verkeimt sind. Gerade in Krankenhäusern, wo Patient*innen keine Papierakten mehr haben, sondern Tablets genutzt werden, kann das ein Infektionsrisiko sein. Im Rahmen einer Abschlussarbeit haben wir es geschafft, dass sich ein Touchscreen innerhalb einer Sekunde selbst desinfizieren kann – zumindest bei Staphylokokken um 99,9 %. Ein weiteres Projekt beschäftigte sich mit der Kontaktlinsendesinfektion. Herkömmliche Kontaktlinsenlösungen können entweder gut desinfizieren oder sind besonders verträglich für das Auge. Eine Kombination aus beidem gab es damals nicht. Unsere Idee war es, die Kontaktlinsen durch Licht zu desinfizieren, indem die Kontaktlinsen 8 Stunden lang bestrahlt werden, das reduziert die Keime um vier Größenordnungen und es wird kein chemisches Desinfektionsmittel mehr benötigt. Unsere Masterstudentin hat mir dieser Arbeit mehrere Preise gewonnen. Ein weiteres Projekt betrifft beatmete Patient*innen, die ein hohes Risiko für Lungenentzündungen haben. Das Problem ist, dass sich im Rachen Keime ansammeln. Wir arbeiten daran, Endotrachealtuben mit eingebauten LEDs zu entwickeln, die Keime direkt während der Beatmung bestrahlen und damit reduzieren sollen. 
 

Frage: Inwiefern haben Ihre Forschungsprojekte Auswirkungen auf die Gesellschaft? 
Martin Heßling: In der Anfangszeit von Corona drehte sich natürlich vieles um die Frage, wie man Coronaviren loswird. Da haben wir Daten ausgewertet und Empfehlungen an verschiedene Stellen, auch an Fachzeitschriften gegeben. Es war mal die Rede davon, dass es hilft, heiße Luft einzuatmen, indem man etwa durch einen Föhn einatmet. Das funktionierte z.B. nicht. Also das waren Auswirkungen auf die Gesellschaft, dass wir Fragen beantwortet haben, die sehr unterschiedlicher Natur waren. 
 

Frage: Was schätzen Sie am meisten in Ihrer Arbeit mit Studierenden? 
Martin Heßling: Was ich sehr schätze, ist dass die Studierenden immer wieder neue Ideen haben und auch Dinge infrage stellen. Ich habe manchmal, wenn es um Forschung oder um Projekte geht, eine Vorstellung, wie was zu machen ist und wie man es nicht machen sollte. Manchmal versuchen die Studierenden das dann aber genauso, wie sie es aus meiner Sicht nicht machen sollen und dann stelle ich trotzdem fest: Es funktioniert. Die Beleuchtung der Endotrachealtuben basiert mittlerweile auf Lichtleitern und ich hatte am Anfang die Vorstellung, dass dann nicht stark genug beleuchtet wird. Dann habe ich Studierende das erste Projekt dieser Art aufbauen lassen und es hat funktioniert. Ein weiterer Punkt ist, dass sich die Studierenden oft für Themen neu begeistern können, die für mich vielleicht schon ein alter Hut sind. 
 

Frage: Gibt es irgendwelche speziellen Methoden in der Lehre, die Sie anwenden? 
Martin Heßling: Ich versuche, die Studierenden aktiv einzubeziehen. Persönliche Bezüge helfen dabei, etwa wenn es um Sehschwächen oder Altersgebrechen geht, die sie oder ihre Angehörigen betreffen könnten. Ansonsten arbeite ich mit konventionellen Methoden wie PowerPoint, zeige aber auch gerne englischsprachige Videos und Animationen, gerade in der Biotechnologie, wo viele Prozesse schwer vorstellbar sind. Zusätzlich nutze ich Modelle von Bakterien wie E. coli oder Staphylokokken. Meine Veranstaltungen finden oft in vierstündigen Blöcken statt. So kann ich Theorie und Laborarbeit direkt miteinander verknüpfen. Beispielsweise erklären wir erst die PCR-Methode und wenden sie dann im Labor an. In den Biotechnologie-Grundlagen beträgt der Praxisanteil rund 50 %, in anderen Fächern etwas weniger, aber immer noch viel. Das erleichtert das Verständnis, weil die Theorie nicht erst später angewendet wird, wenn sie womöglich schon wieder in Vergessenheit geraten ist. 
 

Frage: Wie binden Sie Studierende in Ihre Forschungsprojekte ein? 
Martin Heßling: Wir bieten Studierenden im vierten Semester ein Bachelor-Projekt an, bei dem sie verschiedene Dinge ausprobieren können. Im letzten Semester sollten Studierende im Bachelorprojekt zum Beispiel einen Algen-Bioreaktor aufbauen. In einem anderen Projekt sollten Studierende einen Aufbau für eine Salat-Desinfektion entwickeln – einer Art Waschmaschine mit einem Gitter und einer UV-Lampe, in der dann die Salatblätter durchgewirbelt wurden.  
 
Frage: Hat sich der Beruf des Professors seit Beginn Ihrer Karriere verändert? 
Martin Heßling: Die Änderungen passieren ja meist schleichend. Damals hatte die Lehre noch eine viel größere Bedeutung. Ich empfinde das als positive Entwicklung, denn man kann sich besonders in der Forschung selbst verwirklichen. Die bürokratischen Rahmenbedingungen haben natürlich zu genommen, so gab es früher zum Beispiel weniger datenschutzrechtliche Vorgaben. 
 

Frage: Wie unterscheidet sich denn die Forschung an einer HAW zu der an einer Universität? 
Martin Heßling: An einer HAW sieht man oft einen direkten Sinn in der Forschung – zum Beispiel, wenn es darum geht, Krankheiten zu verhindern. An der Uni dagegen geht es meist um Grundlagenforschung, die zwar große Auswirkungen haben kann, aber oft erst mit großer Verzögerung. In meinem Physikstudium habe ich Argondeuterid untersucht, eine Verbindung aus einem Edelgas und schwerem Wasserstoff. Das fand ich spannend, weil ich mit Lasern gearbeitet habe und etwas Neues entdeckt wurde. Aber praktisch existiert diese Verbindung auf der Erde nicht.  
 

Frage: Was sind denn Ihrer Meinung nach die wichtigsten Eigenschaften und Fähigkeiten, die jemand mitbringen muss, der diesen Weg einschlagen will? 
Martin Heßling: Abgesehen davon, dass man natürlich fachlich gut sein muss, sind zwei Dinge wichtig. Man muss sich sicher sein, dass man über Jahrzehnte lehren will. Ich selbst muss manche Vorlesungen auch nach 20 Jahren immer noch umfangreich vorbereiten. Gerade am Anfang muss man die Inhalte noch aufbauen. Daher sollte man unbedingt vorher mal ausprobieren, ob man das wirklich möchte, zum Beispiel mit einem Lehrauftrag. Zweitens braucht man eine intrinsische Motivation, d.h. man sollte die Motivation haben, dass man diese Freiheit, die man hat, auch sinnvoll nutzt. Denn es gibt niemanden von außen, der einem sagt, was zu tun ist. 
 

Frage: Was würden Sie Wissenschaftler*innen raten, die so einen Weg einschlagen wollen? 
Martin Heßling: Lehre ausprobieren.  Für einen Probevortrag investiert man sicherlich viel Zeit, aber allein daran wird man das nicht erkennen. Der Anfang kann anstrengend sein, aber es wird natürlich besser. Später hat man dann Materialien, auf die man zurückgreifen kann. Auch bei mir gibt es Fächer, die ich selbst gelernt habe und es gibt Fächer, die ich halten soll, aber nicht gelernt habe, wie etwa die Bioverfahrenstechnik. Da muss ich jede Vorlesung vorbereiten und beim ersten Mal vor 20 Jahren selbst schauen, dass ich es verstanden habe. 


Frage: Haben Sie einen Lieblingsort in der Region? 
Martin Heßling: Ich habe nicht den einen Lieblingsort in der Region. Aber wenn ich nicht gerade zuhause oder an der Hochschule bin, dann bin ich häufig im Bad Blau.  
 

 
Zur Person

Prof Dr. Martin Heßling ist seit 2005 Professor für Gerätetechnik für Biotechnologie und Medizin an der THU. Er lehrt unter anderem in den Fächern Biophotonik, Biotechnologie und Bioverfahrenstechnik. Neben seiner Lehrtätigkeit ist Prof. Heßling auch in der angewandten Forschung aktiv und leitet eine Forschungsgruppe, die sich auf die Keimbekämpfung mittels sichtbarem Licht und UV-Strahlung spezialisiert. Besonders hervorzuheben ist sein Projekt zur Reduzierung des Risikos von beatmungsassoziierten Pneumonien bei Intensivpatienten. In diesem Zusammenhang untersucht seine Forschungsgruppe den Einsatz von blauem und violettem Licht in medizinischen Geräten, insbesondere in Endotrachealtuben, um bakterielle Infektionen in der Lunge zu verhindern.
 


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