Viele Rudersportler klagen über Schmerzen am Gesäß und an den Beinen, da auch in modernen Booten meist nur standardisierte Sitze eingesetzt werden. Eine individuelle Anpassung an die Biomechanik und Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler findet bisher kaum statt.
Um eine private Ruderreise möglichst unbeschadet zu überstehen, initiierte THU-Mitarbeiter Helmut Hofmann im Jahr 2017 gemeinsam mit einem Team des Instituts für Konstruktion und CA-Techniken die Entwicklung individuell angepasster Rudersitze. Auf der langen Fahrt die Donau hinunter (Gesamtdistanz 2586 km) stellten diese Sitze einen echten Gewinn für Herrn Hofmann und seine Frau dar.
Das Projekt schlug Wellen weit über die Donau hinaus. Der wissenschaftliche Koordinator des Deutschen Ruderverbands (DRV), Privatdozent Dr. Gunnar Treff, zeigte großes Interesse an der Idee individueller Rudersitze. Gemeinsam mit der THU wurde das Projekt „Ergoseat“ ins Leben gerufen. Ziel war es, individuell angepasste Sitze für Spitzensportler zur Verfügung zu stellen, um so auftretende Sitzprobleme zu reduzieren.
Im Rahmen von Studienarbeiten durchgeführte Voruntersuchungen überzeugten das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) das Kooperationsprojekt von DRV und THU für ein Jahr zu finanzieren.
Anfang 2020 fiel der offizielle Startschuss. Da sich die getesteten Abdruckverfahren nicht als zielführend erwiesen, begann Projektmitarbeiter Michael Bartsch unter der Leitung von Prof. Dr. Manuela Boin und Prof. Dipl.-Ing. Gottfried Goebel einen Prozess basierend auf Druckmessungen zu entwickeln. Dabei wurden zunächst Druckverteilungsmessungen auf einem Ruderergometer durchgeführt. Dadurch konnte die Druckverteilung auf dem Sitz über den gesamten Bewegungsablauf beobachtet werden. Anschließend wurden die Messwerte mittels eines ausgeklügelten Algorithmus in Koordinaten überführt. Anhand dieser Informationen wurden dann schließlich die neuen Sitzflächen per computergestützten Design (CAD) konstruiert und individuell angepasste Sitze im 3D-Druckverfahren hergestellt.
Unterstützt wurde das Team durch lokale und nationale Leistungssportlerinnen und Leistungssportler aus dem Nationalkader des DRVs, welche die Sitze unter Realbedingungen testeten. Studierenden der THU bot das Projekt die Möglichkeit, ihre Projekt- oder Abschlussarbeit innerhalb des Projekt-Teams durchzuführen. Dabei gab es Forschungsmöglichkeiten für Studierende aus den Studiengängen Fahrzeugtechnik, Maschinenbau und Medizintechnik.
Das Team konnte das Projekt im Mai 2021 erfolgreich abschließen und ist zuversichtlich, das entwickelte Verfahren in Zukunft weiter optimieren zu können, um den Sportlern den Trainingsalltag zu erleichtern.
Hinweis: Dieses Projekt wurde mit Forschungsmitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.